Von weitem sehen wir bereits das Wahrzeichen der Stadt Kufstein: Imposant ragt die gut erhaltene und renovierte mittelalterliche Festung aus dem 11. Jahrhundert in 90 Metern Höhe über der Stadt in den Himmel und unsere Vorfreude steigt.
Mitten in Kufstein finden wir den Festungsfelsen und sind schon sehr gespannt, wie wir auf die über uns aufragende Burg gelangen: Müssen wir den steilen 200 Meter langen Zickzackweg bestehend aus Plattformen und 174 Stufen hochlaufen? Oder gibt es einen Aufzug?
Am Fuße des Bergs gehen wir durch das Haus der Kassa mit seinem kleinen Souvenir-Shop und sehen auch schon: Es gibt einen Aufzug, zum Glück! In der Kassa erklärt man uns, dass man die Möglichkeit hat, sich die kostenlose Audio-Guide-App im öffentlichen WLAN herunterzuladen.
Diese führt den Besucher von Station zu Station und gibt Hinweise und Informationen zu allen wichtigen Daten und Fakten der Anlage. Man kann zwischen der einstündigen Klassik-Tour und der 30 minütigen Highlight-Tour wählen. Wir laden uns natürlich gleich die App herunter und entscheiden uns für die große Führung.
Los geht es im Festungsneuhof an der Talstation der Panoramabahn Kaiser Maximilian. Im 16. Jahrhundert sollen hier das Sommerhaus und die Stallungen gestanden haben. Wir finden eine kleine Überdachung mit Bänken und hören aus unseren Kopfhörern auch gleich, wozu diese Sitzgelegenheit gedacht ist: Von hier aus kann man der Heldenorgel lauschen, was wir natürlich auch gleich tun, denn wir haben Glück, wir sind zur richtigen Zeit da. Täglich spielt die Heldenorgel um kurz nach 12 Uhr, wenn die Stadtkirche mit ihrem Mittagsgeläut fertig ist, für ca. 10-15 Minuten.
1931 wurde diese Orgel als Mahnmal für die im Ersten Weltkrieg gefallenen österreichischen und deutschen Soldaten gebaut. An Tagen mit hoher Luftfeuchtigkeit kann man die Musik bis ins 8 km entfernte Bayern hören. Die Heldenorgel ist die größte Freiorgel der Welt und somit einzigartig. Sie hat 4.948 Orgelpfeifen. Unser Empfang war also schon sehr beeindruckend.
Nun haben wir die Wahl, mit dem gläsernen Schrägaufzug, der aus dem 17. Jahrhundert stammt und 1999 umgebaut und wiedereröffnet wurde, nach oben zu fahren oder den Fußweg über eine Menge Treppen zu nehmen. Die Entscheidung ist schnell getroffen, wir nehmen den Aufzug und können beim Aufstieg noch die tolle Aussicht über Kufstein genießen. Die Treppen heben wir uns für den Abstieg auf.
Oben angekommen befinden wir uns im Schlossrondell. Das Rondell stammt aus dem 14. Jahrhundert und diente zum Schutz des Schlosshofs. Das alte Gemäuer ist wirklich gut erhalten und wir fühlen uns gleich in die Ritterzeit zurückversetzt. Im Schlosshof der ehemaligen Schlosskaserne befindet sich ein kleines Restaurant. Durch dieses gelangt man auch in die Andreas-Kapelle. Im Hof kann man gemütlich im Schatten alter Bäume verweilen und einen Kaffee genießen. Der Nordflügel dieser Kaserne ist der älteste Teil der Anlage.
Uns fällt schnell auf, dass überall in der Burg immer wieder die Farben gelb und schwarz zu finden sind, und erfahren, dass dies die Reichs- oder auch Habsburger-Farben sind. Im Laufe der Zeit kam noch rot dazu, und die Farben der deutschen Flagge waren gefunden. Die Audiodateien der App geben immer wieder interessante Details und Infos zum Besten und wir hören einiges über die Festung, den Alltag in einer Burg und über all die geschlagenen Schlachten um die Anlage.
So gehen wir nun von Station zu Station. Insgesamt 21 verschiedene Highlights kann man sich anschauen und -hören. So ist zum Beispiel Station 7 das Heimatmuseum, welches sich in einem der Kasernengebäude befindet. Hier gibt es Waffen, Kleider und andere Alltagsgegenstände der Burgbewohner zu bestaunen. Wir bekommen einen ganzheitlichen Eindruck über die Geschichte der Festung und der Bewohner Kufsteins. Zusätzlich dürfen wir uns immer wieder am tollen Ausblick über die Stadt und das Umland laben. Nachdem wir uns alles genau angeschaut haben, geht es wieder abwärts, dieses Mal über die überdachten Treppen.
Wem ein normaler Rundgang durch die Festungsanlage zu wenig ist, kann ab einer Gruppengröße von zehn Personen in der Festungswirtschaft ein Burgherrenessen buchen. Das Ambiente könnte authentischer nicht sein, die Leckereien sind in Anlehnung an Speisen aus dem Mittelalter gekocht und der Küchenmeister schickt allerlei Gutes aus der Küche. Zusätzlich verwöhnt der Mundschenk mit edlen Tropfen aus dem Keller. Um das Ganze noch zu untermalen, finden sich Spielleute ein, die mit passender Musik den Abend abrunden.
Wer gerne in den alten Gemäuern lustwandeln möchte, aber musikalisch lieber etwas moderner unterwegs ist, findet hier eine tolle Eventlocation. Ein Teil der Festung ist ausschließlich für Konzerte und Events umgebaut worden. Dieses Freigelände befindet sich im hinteren Teil der Anlage und heißt “Josefsburg Festungsarena”. Dieses Areal wurde mit einem großen Zeltdach überdacht, so dass man das mittelalterliche Ambiente, die Aussicht auf die Stadt und die Konzerte von Künstlern wie Zucchero und Konstantin Wecker auch bei schlechtem Wetter trockenen Hauptes genießen kann.
Wir können jedem einen Besuch in der Festung Kufstein nur empfehlen. Selten sieht man eine so gut erhaltene Anlage und die kostenlose App macht den Aufenthalt noch angenehmer: Man kann seine eigene Geschwindigkeit wählen und an Stationen mit Themen, die einen mehr interessieren, länger verweilen und dafür an anderen Stationen etwas zügiger weiter gehen. Im Sommer ist der Besuch der Festung mit ihrer herrlichen Außenanlage eine tolle Erfahrung. Zusätzlich kann man bei gutem Wetter einen tollen Fernblick genießen. Aber auch bei schlechtem Wetter ist der Besuch ein lohnendes Erlebnis. Irgendwann würden wir auch gerne noch ein Konzert in dieser einzigartigen Location erleben dürfen.