Eine wunderbare Tradition und gelebtes Brauchtum sind in den Alpenregionen die Almabtriebe. Das Vieh, das im Sommer auf den saftigen Bergwiesen bestes Gras und frische Kräuter genossen hat, kehrt von den Almen zurück ins Tal in die heimischen Ställe. Dieses Ereignis wird jedes Jahr groß gefeiert und je nach Region bekommen die Kinder sogar schulfrei.
Der Zeitpunkt der Almabtriebe und Viehscheide wird traditionell bestimmt nach den ersten Kälteeinbrüchen oder dem Ende des Graswachstums auf der Alm. Meist liegen die Termine zwischen Mitte September und Anfang Oktober je nach Region. Oft werden die Almabtriebe mit großen Festmärkten, Brauchtumsveranstaltungen, Prämierungen des Viehs und weiteren Veranstaltungen kombiniert und bieten somit auch für Touristen tolle Erlebnisse.
Auf den nächsten Seiten findet ihr die wichtigsten Termine der schönsten Almabtriebe im Allgäu und Tirol.
Der Almabtrieb ist in allen Alpenregionen ein fester Bestandteil des Jahres. Dennoch hat er in den verschiedenen Regionen unterschiedliche Bezeichnungen und Bräuche. Im Allgäu zum Beispiel heißt der Almabtrieb "Viehscheid" oder "Alpabtrieb" und hier geht es auch nicht von der Alm ins Tal, sondern von der Alp. In der Schweiz wiederum ist es der "Alpabzug" und in manch anderen Regionen die "Alpabfahrt".
In Teilen von Bayern, den österreichischen Regionen und in der Schweiz werden alle Kühe beim Almabtrieb prächtig geschmückt. Im Allgäu trägt nur die Leitkuh den Kopfschmuck. Im Berchtesgadener Land hingegen erhält das Jungvieh sogar noch prächtige Latschenbuschen und in Südtirol ist es Brauch, die Tiere mit dem Schnalzen und Krachen der sogenannten "Goaslschnöller" – Peitschenartisten mit sechs Meter langen Lederpeitschen – zu begrüßen. So gibt es viele kleine Details und Sitten, die sich in den verschiedenen Landstrichen bei der Heimkehr des Viehs von den Sommerweiden unterscheiden und einen Besuch jeder dieser Festivitäten so unvergleichlich macht.
Auch die Almen, auf denen die Tiere den Sommer verbracht haben, haben unterschiedliche Namen und Funktionen: Galtalpen oder Galtalmen beherbergen ausschließlich Jungtiere, das sogenannte Galtvieh. Eine Ausnahme bilden nur Milchkühe, von denen jede Alp ein bis zwei mit auftreibt, um die Hirten zu versorgen. Eine Sennalp oder Melkalm hingegen beherbergt ausschließlich Milchkühe und dient der Käseherstellung. Oft ist den Melkalmen heute aber auch ein Gastronomiebetrieb angeschlossen und Wanderer und Touristen werden mit den frischen Milchprodukten wie Buttermilch, Quark und Bergkäse versorgt.
Nach etwa 100 Tagen auf der Sommerweide, wo sich das Vieh an dem nahrhaften und frischen Gras satt gefressen und damit den Grundstein für gute Milch und aromatischen Käse gelegt hat, geht es meist ab Mitte September wieder zurück in den Winterstall. Es sind nicht nur die ortsansässigen Landwirte, die den Hirten ihre Tiere anvertrauen; viele Bauern bringen oft aus einem großen Umkreis ihre besten Tiere zum Almauftrieb. Nach der Zeit auf der Hochweide wird dann der Almabtrieb vorbereitet. Zu diesem Zweck wird eine Leitkuh, die sogenannte Moarkuh, auserwählt, die allen voran die Herde ins Tal führt. Farbenprächtig geschmückt mit einem Kranz aus Bergblumen, traditionell der Alpenrose, Latschenkiefer, Silberdistel und Seidenblumen, bunten Bändern, Spiegeln, oftmals einem Kreuz sowie natürlich den obligatorischen Glocken werden die Tiere dann ins Tal geführt.
Der farbenprächtige Schmuck beim Almabtrieb hat auch eine Bedeutung: er wird nur angelegt, wenn Herde und Hirten die Zeit auf der Hochweide unbeschadet überstanden haben. Wenn ein Tier der Herde durch Absturz, durch Witterungseinfluss oder Krankheit verletzt oder gar getötet wurde, wird auf den Schmuck verzichtet. Gleiches gilt, wenn einer der Hirten zu Schaden gekommen ist.
Ist die Herde im Tal angekommen, geht es zum sogenannten Viehscheidplatz, wo die Herden getrennt und die Tiere ihren rechtmäßigen Besitzern übergeben werden. Sieht für uns jedes Vieh gleich aus, so findet hier doch jede Kuh wieder "ihren" Bauern. Ein unglaubliches Spektakel.
... kehren nach dem Almsommer zurück in ihre heimischen Ställe, auch die Schafe, Ziegen und Pferde werden bei den Almabtrieben zur Überwinterung zurück ins Tal getrieben. Einige der größten Schafalmabtriebe sind der "Tarrenzer Schafschied" im September bei Imst in Tirol, wo rund 1.000 Schafe und Lämmer das Tal erreichen oder die "Schafschoad in Nassereith". In Finkenberg in Tirol treffen neben den Schafen auch noch einige Tiroler Haflinger ein.
Zum Almabtrieb tauschen die Hirten noch unterwegs ihre übliche Arbeitskleidung gegen die traditionsreichen Trachten. Es werden die besten Lederhosen mit aufwändigen Verzierungen und ein gutes weißes Hemd angezogen. Nicht zu vergessen natürlich der obligatorische Hut, der ebenfalls mit Bändern und Gebirgsblumen reich geschmückt ist.
Am Festplatz im Dorf angekommen, wird nach dem Viehscheid bei traditionellen Spezialitäten und einer Maß Bier bei zünftiger Musik gefeiert. Das gesamte Dorf gleicht dann einem großen Volksfest. Oftmals bilden Handwerker- und Bauernmärkte sowie Brauchtumsdarbietungen ein unterhaltsames Rahmenprogramm. Für Einheimische und Gäste ein prächtiges Fest, das in den Alpenregionen ein fester Bestandteil der Brauchtumspflege ist.
Ganz besonders verlockend für die Besucher sämtlicher Almabtriebe ist die Möglichkeit, auf den Bauernmärkten die leckeren, meist handgemachten Produkte vor Ort zu genießen oder ein Stück gelebte Tradition mit dem Kauf eines solchen Lebensmittels mit nach Hause zu nehmen. Biologische Produkte wie frischer Almkäse aus bester Kuhmilch, Ziegenkäse, Butter, Quark, Berghonig und viele weitere hochwertige Köstlichkeiten werden zu diesem Anlass zum Verkauf angeboten.