Wie Gämsen springen junge Leute die Berge rauf und runter, als hätten sie Sprungfedern statt Gelenken. Aber wartet nur, irgendwann ab dem vierten Lebensjahrzehnt ist Schluss mit lustig. Nach ein paar 100 Höhenmetern bergab melden sich dann die Knie zu Wort, tun so gemein weh, dass man am liebsten die Bergrettung rufen würde. Deshalb ganz auf meine geliebten Berge zu verzichten, fällt mir aber nicht im Traum ein. In Obertauern im Salzburger Land gibt es nämlich eine viel bessere Lösung. Sie heißt Mountain Skyver.
Irgendwie erinnern mich diese geländegängigen Bergroller an eine Kreuzung aus Fahrrad und Tretroller. Sie haben weder Sättel noch Pedale, statt dessen Fußrasten, eine starke Federung und robuste Scheibenbremsen. Und weil sie nicht viel wiegen und obendrein noch zusammenklappbar sind, kann man sie leicht im Rucksack bergauf tragen oder in der Seilbahn mitnehmen. Mit drei Handgriffen sind sie zusammengebaut und startklar für die Abfahrt.
An der Talstation der Grünwaldkopfbahn gibt es die Mountain Skyver samt Helmen zum Verleih, auch Schnupperkurse werden angeboten. Kinder ab acht Jahren dürfen die Skyver in Begleitung Erwachsener benützen, die Fahrtechnik ist also leicht zu erlernen. Ich borge mir einen dieser „Rock’n Roller“ und gondle mit der Grünwaldkopfbahn bergwärts, um das Gefährt auszuprobieren.
Oben angekommen kommt vor dem Downhill-Abenteuer erst einmal das Bergerlebnis. Umringt vom Gipfelpanorama der Radstädter Tauern erkunde ich auf idyllischen Wegen eine Almlandschaft wie aus dem Bilderbuch – überall sind blühende Wiesen, Bergseen und gemütliche Almhütten. Ich nehme noch eine kleine Stärkung mit auf den Weg, dann kann die Adrenalin-treibende Abfahrt Richtung Obertauern losgehen. Dank guter Federung und starken Bremsen sind Unebenheiten im Gelände kein Problem, die Höhenmeter sausen nur so dahin und meine Knie sagen Danke. Mein Fazit nach der ersten Mountain Skyver-Tour: Rollspaß statt mühsamer Abstieg!
Wer lieber ganz klassisch auf dem Mountainbike mit Sattel und Pedalen unterwegs ist, hat in Obertauern die Wahl unter mehreren Routen für verschiedene Schwierigkeitsgrade. Ein „Best of Obertauern“ bietet zum Beispiel die Drei-Seen-Tour: knackige Steigungen und Abfahrten, herrliche Aussichten, blühende Almwiesen und idyllische Bergseen. Nach dem anstrengenden Bergaufstrampeln zum höchsten Punkt der Strecke oberhalb des Krummschnabelsees lockt dessen dunkler, geheimnisvoller Spiegel. Als Moorsee erwärmt er sich im Sommer auf bis zu 24°, gerade richtig für eine angenehme Erfrischung nach einem schweißtreibenden Anstieg.
Konditionsstarke Mountainbikefans, die eine Herausforderung suchen, können vier Touren zu einem veritablen Marathon miteinander kombinieren: die Drei-Seen-Tour, sowie die Routen zur Gnadenalm, zur Tauernkaralm und zur Südwiener Hütte, bringen es zusammen auf 43 km Länge, das sind insgesamt 1.879 Höhenmeter. Da braucht es schon ordentlich „Schmalz in den Wadln“ – eine energiereiche Sportlernahrung in Form von Salzburger Alm-Spezialitäten wie einer Bretteljause, süßem Rahmkoch oder Bergkäse, gibt es zum Glück in den bewirtschafteten Almhütten am Weg.
Auf der letzten Etappe lohnt sich auf alle Fälle ein Abstecher zum Johanneswasserfall, der auch ein schönes Ziel für eine Familienwanderung ist. 60 m stürzt das Wasser in die Tiefe und zerstäubt dabei zu feinen Schleiern aus glitzernden Tropfen.
Es wird hart, es wird schmutzig und es wird ein Riesenspaß. Wer nach einer Runde von acht Kilometern, 280 Höhenmetern und 15 Hindernissen noch einen sauberen Faden am Leib hat, muss unterwegs geschummelt haben. Die Läufer können wahlweise eine oder zwei Runden absolvieren, Kinder und Jugendliche gehen auf einer verkürzten Strecke an den Start. Ob ich mich mit den anderen Läufern in die Schlammschlacht werfe, muss ich mir noch überlegen. Aber nach den Bildern und Videos der vergangenen Läufe zu urteilen, scheint es eine lustvolle Angelegenheit zu sein, über Wasserrutschen zu schlittern, in Schlammmulden zu hechten und über Holzwände, Netze oder Strohpyramiden zu kraxeln.
Der Einfallsreichtum der Streckengestalter, mit dem sie sich hinterhältige Schikanen für die beherzten Läuferinnen und Läufer ausdenken, ist jedenfalls beeindruckend. Und wann hat man als Erwachsener schon die Gelegenheit, sich nach Herzenslust dreckig zu machen? Jedenfalls bleibt Obertauern seinem Ruf als Hotspot für spektakuläre Events auch im Sommer treu.