Tirol im Winter bedeutet für viele Gäste und Einheimische schier endloses Pistenvergnügen, idyllische Winterwanderungen oder vergnügte Rodelpartien. Doch das Herz der Alpen hat neben den beliebten Wintersportaktivitäten noch weit mehr zu bieten. Denn ein Blick in den Veranstaltungskalender zeigt: Tirol bietet eine Fülle an einzigartigen, kulturellen Veranstaltungen, die einen Winterurlaub erst so richtig besonders machen.
Es ist ein jahrhundertealter Brauch, der in Tirol besonders fest verankert ist: der Krampuslauf. Und so ist es mitunter das Festhalten an der Tradition, die das Interesse am vorweihnachtlichen Brauch sogar über den Alpenraum hinaus immer größer werden lässt. Der Krampus tritt dabei je nach Region sehr vielgesichtig in Erscheinung: Als Begleiter vom Nikolaus, der unartige Kinder bestraft, zusammen mit der Sagenfigur des Perchta oder als lupenreiner Teufel. Und so unterscheiden sich die Krampusläufe im ganzen Land in ihrer Art und Darbietung – mal sehr traditionell und ohne moderne Einflüsse, mal höllisch laut und teuflisch wild.
Besonders ist etwa der Lauf der Tarreter Krampeler am 6. Dezember 2022. Denn in Tarrenz wird großer Wert auf die traditionelle Art der Krampus-Erscheinung geachtet. Und so wird auf aufwändige Shows mit großen Wagen und modernen Masken verzichtet. Vielmehr sind es die handgeschnitzten, über 100 Jahre alten Larven, die Kostüme aus richtigem Lamm- und Ziegenfell und Hosen aus Flitschen, die den Krampuslauf so speziell machen. Ab 20 Uhr ziehen die Krampeler durch das Dorf, nachdem am Vortag bereits der Nachwuchs als „Kluane Krampeler“ in Erscheinung getreten ist. Ein großartiges Erlebnis für die ganze Familie sind hingegen die Lienzer Krampustage um den 5. Dezember. Denn hier sind die Krampusse – teils auch Klaubauf genannt – unterwegs, um diejenigen zu bestrafen, die das Jahr über nicht nach den Tugenden des Heiligen Nikolaus gelebt haben.
Es ist nicht nur die einzigartige Kulisse inmitten der Berge, die die Advent- und Weihnachtszeit in Tirol zu etwas Besonderem macht. Es sind tief verwurzelte Traditionen und die Atmosphäre auf den Weihnachtsmärkten im ganzen Land, die Gäste und Einheimische gleichermaßen erfreuen. Traditionelle weihnachtliche Weisen und kulinarische Köstlichkeiten verkürzen die Wartezeit aufs Christkind und versüßen diese stimmungsvolle Zeit im Jahr.
Ein besonderes Erlebnis ist etwa der Besuch vom Rattenberger Advent im Alpbachtal. Es ist der wohl ursprünglichste Weihnachtsmarkt Tirol, denn zum einen gibt es keine Verkaufsstände, nur Ausschank und Genuss – wenngleich die berühmten Glaskünstler ihre Waren in den Geschäften anbieten. Zum anderen wird beim Rattenberger Advent auf elektrisches Licht gänzlich verzichtet. An den Adventssamstagen erhellen nur Kerzen, Fackeln und offenes Feuer die historischen Gassen der kleinsten Stadt Österreichs und schaffen damit eine ganz besondere Atmosphäre. Überraschend anders ist auch der Weihnachtsmarkt in Mayrhofen im Zillertal. Denn dieser findet inmitten von riesigen, alten Bäumen am Waldfestplatz statt. Klein und beschaulich geht es zu, heimisches Handwerk steht im Vordergrund. Besucher sitzen gemütlich um das offene Feuer, trinken Glühwein und naschen Zillertaler Krapfen, während weihnachtliche Klänge von Bläsern und Sängern zu hören sind.
Es ist ein jahrhundertealter Brauch, der noch heute ganze Dörfer in seinen Bann zieht: die Fasnacht. Die ausgelassenen Feiern und bunten Traditionen gehören teilweise sogar zum UNESCO Weltkulturerbe. Denn trotz ihres Alters sind sie in Tirol vielerorts so lebendig wie eh und je. Und haben alle ein Leitthema: der Kampf des Frühlings gegen den Winter. Die Tiroler Fasnachtsbräuche beeindrucken mit prachtvollen, handgeschnitzten Masken und aufwendigen Kleidern ebenso wie mit fantasievoll geschmückten und mit Aufbauten versehenen Wägen, die neben den altehrwürdigen Gruppen und Figuren für Heiterkeit, Bewirtung und viel Schabernack sorgen.
So gehört etwa das Fisser Blochziehen zu den größten Fasnachtsbräuchen im Alpenraum. Alle vier Jahre findet die Veranstaltung statt, so auch wieder am 29. Jänner 2023. Im Mittelpunkt steht eine rund 30 Meter lange, buntgeschmückte Zirbe – Bloch genannt –, die mühevoll auf Schlitten von verschiedenen Figuren durch das Dorf gezogen wird. Bis zum späten Nachmittag dauert das Fasnachtstreiben, das durch spielerische Elemente, wie etwa Hexen und den „Schwoaftuifl“, die das Fortkommen erschweren, auch die Zuschauer bestens unterhält. Am Ende wird das wertvolle Zirbenholz versteigert und der Erlös kommt der Fasnacht, Projekten der Dorfgemeinschaft und sozialen Einrichtungen zugute.
Am 12. Februar 2023 findet hingegen mit dem Nassereither Schellerlaufen einer der farbenprächtigsten Fasnachtsbräuche im Alpenraum statt. Die über 270 Jahre alte Tradition, die nur alle drei Jahre stattfindet, zählt seit 2012 sogar zum immateriellen UNESCO-Kulturerbe. Im Fokus stehen urtümliche Figuren, die in prächtigen Gewändern und eindrucksvollen Holzmasken durch das Dorf ziehen. Hauptakt ist der Kampf zwischen dem Frühling in der Gestalt des Bären und dem Winter, verkörpert durch den Bärentreiber. Am Ende gewinnt der Frühling und der Ort versinkt in ein Farbenmeer und tosendes Geläute durch die über 500 aktiven Figuren und Masken. Schon Wochen und Monate vor dem Umzug zieht das Schellerlaufen den ganzen Ort in seinen Bann, der mit den aufwendigen Vorbereitungen beschäftigt ist.
Der Klang der Tiroler Festspiele Erl findet seit vielen Jahren weit über die Landesgrenzen hinaus große Resonanz. Fernab der Großstädte entwickelte sich hier ein fruchtbarer Boden für Kultur auf höchstem Niveau. Werke, die unverdienterweise in Vergessenheit geraten sind, gehören dabei inzwischen zum festen Bestandteil der Tiroler Festspiele Erl. Und so fiel die Wahl im Rahmen der diesjährigen Winterfestspiele etwa auf Mercadantes selten gespieltes Opernjuwel „Francesca da Rimini“. Daneben steht Donizettis überaus beliebte Opera buffa „Don Pasquale“, die nach ihrer Uraufführung sofort ein Riesenerfolg wurde, auf dem Programm. Der letzte Abend des Jahres klingt mit Melodien aus Millöcker-Operetten vergnüglich aus. Und auch im neuen Jahr warten bei den Winterfestspielen exzellente Kompositionen und Konzerte, die mit dem Abschlusskonzert am 8. Jänner 2023 vor der atemberaubenden Kulisse des Kaisergebirges ihr Ende finden.